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Mittwoch, 26. September 2012 - 13:34 Uhr
Steine statt Brot - Die Bindungswirkung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für im Wesentlichen gleiche Ware in der neuesten Rechtsprechung des BFH

- von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Alsterkamp 26, 20149 Hamburg, 040 / 414 290 95, info@rechtsanwalt-sievert.de

Eine vom HZA Hannover erteilte verbindliche Zolltarifauskunft ist für die im Nachgang eingeführte Waren des Berechtigten, also desjenigen, der eine vZTA beantragt und sie dann bewilligt bekam, bindend, wenn ihre Beschaffenheit mit derjenigen der ursprünglich geprüften Ware übereinstimmt. Die Frage, inwieweit das auch für solche Einfuhren gilt, bei deren Prüfung durch eine andere Zollbehörde Abweichungen ihrer Beschaffenheit von der ursprünglich geprüften Ware festgestellt werden, wird unterschiedlich beantwortet. Der Bundesfinanzhof hat diese Frage jüngst für Haselnusskerne aus der Türkei entschieden. Dort war vom späteren Kläger zunächst eine vZTA beantragt worden, die die beantragte Einreihung in die Unterposition 2008 19 19 KN für geröstete Haselnusskerne ergab. Im Antrag selber waren auch Ausführungen des Antragsstellers zur Kerngröße, dem Feuchtigkeitsgehalt der Kerne und weitere Details, wie teilweise großflächig abgeplatzte Samenschalen, beschrieben. Diese Merkmale enthielten die vom Berechtigten bei einer späteren Einfuhr importierten Haselnusskerne aus der Türkei nicht. Prompt tarifierte das für die Einfuhr zuständige HZA die Haselnusskerne abweichend als nur getrocknete und nicht geröstete Haselnusskerne und erhob Zölle aufgrund der Einreihung in die Position 0802 2200 KN beim Berechtigten nach. Der gegen den Einfuhrabgabenbescheid eingelegte Einspruch war ebenso erfolglos wie die gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung erhobene Klage vor dem zuständigen Finanzgericht, befanden sich doch Rechtsbehelfsstelle und Finanzgericht auf der klaren Linie der bis dahin gültigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH).

So hatte der BFH zuletzt 2004 entschieden, die angemeldete Ware müsse der in der vZTA beschriebenen Ware entsprechen, unabhängig davon, ob die in der vZTA beschriebenen Beschaffenheitsmerkmale zolltariflich relevant oder irrelevant sind. Nunmehr relativiert der Bundesfinanzhof diese starre Rechtsprechung, ohne Klarheit zu bringen, wann ich mich als Berechtigter auf eine vZTA für ähnliche Ware wie derjenigen der vZTA berufen kann. Zutreffender Ansatz der BFH-Rechtsprechung ist der Gedanke, dass die zuvor geltende starre Regelung die vZTA entwertet. Geringfügigste Abweichungen irrelevantester Beschaffenheitsmerkmale müssten eine zeit- und kostenaufwendige Neueinreihung nach sich ziehen. Die Planungssicherheit der Unternehmen wäre perdü, da jegliche Kalkulation aufgrund der unklaren zolltariflichen Einreihung und der damit verbundenen unklaren Zollsätze nicht vorhersehbar wäre. Überdies müssten Importeure bei kleinsten unerheblichen Abweichungen der importierten von der beschriebenen Ware ihre eigene vZTA anfechten, um eine ihrer Tarifauffassung entsprechende möglichst weite Beschaffenheitsbeschreibung zu erhalten, - absurd.

Nicht weiter hilft den weitaus meistens Importeuren das hier wiedergegebene neue Judikat des Zollsenats, wonach erzeugnis- und herstellungsbedingte unvermeidliche Abweichungen der importierten von der geprüften Ware, die Bindungswirkung der vZTA nicht entfallen lassen, sofern sie keine Auswirkung auf das Einreihungsergebnis haben. Die vom BFH kreierte neue Voraussetzung für eine Bindungswirkung bei ähnlichen, wie den geprüften Waren, die erzeugnis- und herstellerstellungsbedingten unvermeidlichen Abweichungen, wird sicher bei Naturprodukten Anwendung finden können. Sie versagt jedoch, wenn der Importeur Maschinen, Computer oder Wagen importiert. Hier wird auch ein im wesentlichen bauartgleiches neues Produkt, d.h. eine verbesserte Version einer seit Jahren importierten Ware, für die bereits eine vZTA beantragt und erteilt wurde, sich schwerlich unter Zugrundelegung der vZTA für das Vorgängermodell tarifieren lassen, weil Abweichungen des Nachfolge- zum Vorgängermodell nie erzeugnisbedingt sein werden. Hier muss noch im Rechtswege Klarheit geschaffen werden.

Dr. jur. Frank Sievert

Rechtsanwalt

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